„Nicht nur ein Kassenbon ist ein Stimmzettel dafür, welche Welt wir uns wünschen. Auch jede unserer Taten.“

Klimaschutz und Fair Trade an der Borbachschule Witten

Umgeben von Wäldern, Wiesen und grasenden Pferden bietet die Borbachschule ein idyllisches Bild. Vom quirligen Leben der Großstädte des Ruhrgebiets, die nur einen Steinwurf entfernt liegen, fehlt hier jede Spur. Auch die Schule ist klein und beschaulich. Sie ist einzügig, und schon viele Eltern und Großeltern der heutigen Schüler:innen drückten hier einst die Schulbank.
Doch trotz der beschaulichen Lage richtet die Schule ihren Blick weit über den Horizont hinaus. In BNE-Aktivitäten zum Klimaschutz und Globalen Lernen setzen sich die Kinder, Eltern und Lehrkräfte gemeinsam ein für eine lebenswerte Welt von morgen.

Energie-Wächter:innen im Einsatz

Der Startschuss für das erste BNE-Projekt fiel im Schuljahr 2013/14. Gemeinsam mit zwölf anderen Schulen nahm die Borbachschule an einem Klimaschutz-Projekt der Stadt Witten teil. Ziel war es, sich Gedanken zu machen, wie sich an der Schule Energie einsparen lässt, um den CO2-Ausstoß zu verringern und das Klima zu schützen.

In der Borbachschule wurden die Schüler:innen der dritten Klasse die Pioniere in Sachen Energiesparen. Nach einer kurzen Einführung ins Thema ging’s los: Die Kinder erhielten einen Koffer mit Messgeräten, um die Temperatur, die Beleuchtung und den Stromverbrauch in der Schule genau zu bestimmen. Ausgestattet mit diesem Handwerkszeug schlüpften die Kinder in die Rolle von kleinen Energie-Wächter:innen. Ihre Aufgabe: Den Energieverbrauch der Schule zu ermitteln und Möglichkeiten zum Einsparen aufzuspüren.

Aufgeteilt die Teams „Temperatur“, „Licht“, „Strom“, „Lüften“ und „Wasser“ gingen die Energie-Wächter:innen an die Arbeit. Während das Wasser-Team regelmäßig den Wasserverbrauch der Schule ablas, nahmen die Strom-Wächter:innen den Stromverbrauch an den Steckdosen genau unter die Lupe. Auch die anderen Teams waren ständig im Einsatz: Sie kontrollierten, ob das Licht in leeren Räumen ausgeknipst und klimafreundlich gelüftet und geheizt wurde. Alle Messdaten und Ergebnisse notierten sie in extra angelegten „Wächterheften“.

Das Ausprobieren und das Sammeln von eigenen praktischen Erfahrungen spielten bei dem gesamten Projekt eine große Rolle. Zum Beispiel brachten Mitarbeiter:innen eines Umwelt-Ingenieurbüros eine Nebelmaschine mit in die Klasse und nebelten den ganzen Raum ein. Jetzt waren die Kinder gefragt: Wie konnte am besten gelüftet werden, damit der Nebel möglichst schnell abzog? Rasch wurde klar: Während sich die Nebelschwaden bei gekipptem Fenster kaum lichteten, herrschte bei weit geöffneten Fenstern schon nach fünf Minuten wieder klare Sicht. Das Experiment zeigte deutlich: Nur Stoßlüften ist energieeffizient und somit klimafreundlich.

Nicht nur bei den Kindern, sondern auch bei den Eltern und Lehrkräften stieß das Klimaschutz-Projekt auf große Begeisterung. Allen war klar: Auch in Zukunft sollten die Aktionen zum Energiesparen an der Schule fortgeführt werden. Inzwischen hat das Projekt Einzug in die schulinternen Curricula gehalten und ist zu einem festen Bestandteil des Sachunterrichts geworden.

In jedem dritten Schuljahr setzen sich die Schüler:innen intensiv mit den Themen „Klimaschutz“ und „Energie“ auseinander. Ein Jahr lang übernehmen sie dabei das Amt der Energie-Wächter:innen. Dabei messen sie nicht nur den Energieverbrauch, sondern werden vielmehr zu Klimaschutz-Beauftragten für die ganze Schule. Sie geben ihren Mitschüler:innen, Eltern und Lehrkräften immer wieder Tipps zum klimafreundlichen Lüften und Heizen, ebenso wie zum Strom- und Wassersparen. Darüber hinaus überlegen sie sich neue Aktionen, um noch mehr Menschen zum Mitmachen zu bewegen. Am Ende eines jeden Schuljahres übergeben die Wächter:innen ihre Aufgaben an die nachrückenden Drittklässler:innen.

Fair Trade zieht in die Schule ein

Nachdem das Energiespar-Projekt erfolgreich ins Schulleben integriert worden war, machte sich die Schule Gedanken über neue BNE-Aktivitäten. Diese sollten einen globalen Bezug besitzen und dazu anregen, den Blick aus dem kleinen Borbachtal hinaus in die weite Welt zu richten.

Nach kurzer, intensiver Suche war das neue Thema schon gefunden: Fair Trade. Der faire Handel bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte an das Leben der Kinder im Grundschulalter. Denn jeden Tag benutzen sie viele Dinge, die aus fernen Ländern kommen, wie zum Beispiel Bananen, Schokolade, T-Shirts oder Spielsachen. Oft werden diese nicht unter fairen Bedingungen produziert, manchmal sogar durch Kinderarbeit.

Um die Fair Trade-Arbeit ins Rollen zu bringen, gründeten Schüler:innen, Eltern und Lehrkräfte zunächst ein Fair Trade-Team und machten sich auf den Weg, im Rahmen der Kampagne „Fairtrade-Schools“ eine offizielle Fairtrade-School zu werden. Gemeinsam wurde im Team überlegt, wie der faire Handel sinnvoll in das Schulleben integriert werden konnte. Denn im Gegensatz zu großen oder weiterführenden Schulen besitzt die Borbachschule weder eine Mensa noch einen Schulkiosk, wo fair gehandelte Produkte verkauft werden könnten.

Doch schon bald fand sich eine Lösung. Bei sämtlichen Veranstaltungen wie dem Tag der offenen Tür oder Schulfesten werden fair gehandelte Säfte, Tees, Kaffee, Schokolade und andere Köstlichkeiten verkauft. Und bei Kuchenspenden achten die Eltern darauf, möglichst viele Zutaten aus dem fairen Handel zu verwenden. Kleine Fähnchen auf den Kuchen zeigen, welche fairen Zutaten darinstecken.

Die ganze Welt im Klassenraum – Aktionen und Projekte zum Globalen Lernen

Der Fair Trade-Gedanke ist auch im Schulgebäude allgegenwärtig. Wimpel und Mobiles aus upgecycelten Saftkartons, Kaffeepad- und Kakaodosen mit Fair Trade-Logos baumeln fröhlich von der Decke. Im Eingangsbereich lädt eine Fair Trade-Chronik alle Vorbeikommenden ein, einen Einblick in das Thema und alle Aktionen und Projekte zu gewinnen.

Ebenso wie das Energiespar-Projekt ist auch das Globale Lernen inzwischen fest in den internen Curricula der Borbachschule verankert. Und so oft wie möglich finden Projekte und Aktionen dazu statt.

In einer Projektwoche setzten sich alle Schüler:innen mit dem fairen Handel auseinander. Zu Beginn erhielt jedes Kind einen leeren Schuhkarton, den es nach und nach mit den „Ergebnissen“ der Projektarbeit füllte: Fair Trade-Siegeln, selbst gebastelten Fußbällen und vielen Infos über fair gehandelte Baumwolle und Kakao. Die Kinder der dritten und vierten Klasse lernten auch die 17 SDGs kennen und entwarfen nachhaltige Zukunftswünsche für die ganze Welt.
An einem Projektag dieser Woche drehten die Kinder mit Spielzeugfiguren einen Stop-Motion-Film über den fairen Handel und die SDGs.

Fair Trade hielt auch Einzug in eine adventliche Projektwoche. Eine Gruppe setzte mit dem Thema „Weihnachten weltweit“ auseinander. Die Schule hatte dafür fair gehandelte Weihnachtsbaum-Kugeln, Engel und Sterne gekauft. Mithilfe von Bildern und Geschichten erfuhren die Schüler:innen, wie Familien aus Peru, Indien und Thailand den Weihnachtsschmuck hergestellt haben – und wie sie durch den fairen Handel unterstützt werden. Die Kinder erhielten dabei einen spannenden Einblick in das Leben und die Weihnachtsbräuche der Menschen in den fernen Ländern. Zu jedem Land gestalteten sie ein Plakat, den Weihnachtsschmuck verzierten sie mithilfe der Serviettentechnik. Bei der abschließenden Weihnachtsfeier stellten die Kinder ihr Projekt der ganzen Schule vor. Dabei verteilten sie selbst zubereitete indische Kokosbällchen – natürlich aus fair gehandelten Zutaten.

Weitere BNE-Aktionen und Kooperationen

An der Borbachschule finden viele weitere BNE-Aktivitäten statt. Eine große Rolle spielt auch die Erkundung der Natur direkt vor der Haustür. Der kleine Borbach und die nahe gelegenen Wälder bieten viele Möglichkeiten, Tiere und Pflanzen in ihren Lebensräumen zu erforschen. Oder zum Beispiel per Probenahme zu testen, wie „sauber“ das Wasser des kleinen Bachs ist.

Regelmäßig nimmt die Schule auch an der Kampagne Grüne Meilen für das Weltklima teil. Dabei versuchen die Schüler:innen, so viele Strecken wie möglich zu Fuß oder umweltfreundlichen Verkehrsmitteln anstatt mit dem Auto zurückzulegen.

Eine zentrale Rolle für die BNE-Arbeit spielen Kooperationen und eine gute Vernetzung. Die Borbachschule arbeitet zum Beispiel eng mit der „Fairtrade-Town“ Witten zusammen, ebenso wie mit dem Weltladen Witten.

Regelmäßig kommt auch Besuch von außerhalb. So führen Referent:innen der Deutschen Umwelt-Aktion mit den Kindern in der Schule immer wieder Aktionen und Experimente zum Klimaschutz durch. Dabei ist Spaß und Spannung garantiert: Die Viertklässler:innen setzen eine kleine Dampfmaschine in Gang, treiben Spielzeug mit Solarzellen an und erforschen mit einem Windrad die Kraft des Windes.

Auszeichnungen und Pläne für die Zukunft

Bei ihrer BNE-Arbeit konnte sich die Borbachschule über viele Erfolge freuen. Der der CO2-Ausstoß der Schule ist gesunken und viele Menschen in aller Welt wurden durch den fairen Handel unterstützt. Nachhaltiges Denken und Handeln ist inzwischen zu einem tragenden Pfeiler der ganzen Schulgemeinschaft geworden.

Für das Energiespar-Projekt wurde die Borbachschule 2014 bei der Wittener Klimaschutzinitiative gemeinsam mit zwei weiteren Schulen als erfolgreichste Schule ausgezeichnet. Seit 2018 trägt die Borbachschule den Titel „Fairtrade-School“. Und schon zweimal konnte sie sich über die Auszeichnung als „Schule der Zukunft“ freuen.

Für die Zukunft werden weiter fleißig Pläne geschmiedet. Viele Kinder wünschen sich, dass eine Fair Trade-AG an der Schule eingerichtet wird. Dies würde viele neue Möglichkeiten eröffnen: Zum Beispiel möchten die Kinder in einer Stadt-Rallye erkunden, welche Geschäfte in Witten fair gehandelte Lebensmittel anbieten. Mit den Ergebnissen soll ein fairer Einkaufsratgeber für die ganze Stadt erstellt werden. Auch ist eine Teilnahme an der „Fairen Woche“ geplant, ebenso wie ein Besuch der Nachhaltigkeitsmesse „Fair Friends“ in Dortmund. Auch für die Zukunft hat die kleine Schule also große Pläne.

 

Kontakt:

Borbachschule der Stadt Witten

Große Borbach 20

58453 Witten

Telefon: 02302/5815510

E-Mail: borbachschule@schule-witten.de

Website: www.borbachschule.de

Weitere Good-Practice-Beispiele für BNE an Schulen

Hier finden Sie Good-Practice-Beispiele einiger Schulen in NRW. Die Schulen besitzen ganz unterschiedliche Profile und Schwerpunkte. Doch eines ist allen gemein: BNE ist inzwischen zu einem festen Bestandteil ihres Schulalltags geworden.

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