„Eine Schule für alle Kinder“

Partizipation und Umweltschutz an der Grundschule am Dichterviertel

Bunte Tiere, ein Regenbogen und Kinder aus aller Welt zieren die Außenwände der Grundschule am Dichterviertel in Mülheim an der Ruhr. Doch die bunte Vielfalt ist nicht nur Fassade. Für die rund 190 Schüler:innen aus 26 Nationen ist die Schule ein Ort zum gemeinsamen, einander wertschätzenden Leben und Lernen. Nicht nur Deutsch und Mathe, sondern auch Demokratie, Partizipation, Medienbildung und Umweltschutz stehen hier auf dem Stundenplan.
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist fester Bestandteil des Schulprofils.

Eine Schule im Wandel

Noch vor wenigen Jahren sah alles ganz anders aus. Die Schule stand kurz vor der Schließung, die Gebäude waren marode, die Fenster trübe und der Schulhof glich einer Betonwüste. Viele Eltern aus der unmittelbaren Nachbarschaft schickten ihre Kinder auf andere Schulen, als 2013 eine neue Rektorin an die Schule kam.

Die neue Schulleiterin sah dies als Chance für eine grundlegende Neugestaltung der Schule und begann, die Scherben aufzukehren: Sie gründete einen Förderverein, warb Sponsoren, vernetzte sich mit Kitas und anderen Einrichtungen im Stadtteil, ebenso wie mit der lokalen Politik. Oberstes Ziel war, die heruntergekommenen Gebäude wieder in Schuss zu setzen und die schulischen Strukturen grundlegend zu verändern. Die Grundschule sollte ein Ort zum Leben und Lernen werden, an dem sich alle Kinder wohlfühlen und optimal individuell gefordert und gefördert werden – sowohl Hochbegabte als auch Inklusionskinder, Schüler:innen mit, ebenso wie ohne Migrationshintergrund. Gleichzeitig sollte das Schulleben in möglichst vielen Bereichen hin zu einer nachhaltigen Entwicklung umgestellt werden.

Das Engagement der neuen Rektorin und des sehr engagierten Teams trug schon bald Früchte. Nur wenige Jahre später hat sich die Schule grundlegend gewandelt. Die maroden Gebäude wurden saniert, das Außengelände komplett umgestaltet und begrünt.

Die partizipative Entwicklung der Schulgärten

Die beiden ehemals verwilderten Innenhöfe haben sich – dank des gemeinsamen Einsatzes von Schüler:innen, Lehrkräften und Eltern – in kleine grüne Oasen verwandelt. Im „Garten der Stille“ können sich die Kinder eine Auszeit nehmen und beim leisen Plätschern eines kleinen Teiches unter einem schattigen Baum zur Ruhe kommen. Hier lebt eine ganz besondere Bewohnerin: die Schul-Schildkröte „Frau Schildi“. In unmittelbarer Nachbarschaft hoppeln zwei Kaninchen, „Herr Dichter“ und „Frau Viertel“, durch ein großzügiges Gehege und mümmeln Löwenzahn. Die Kinder kümmern sich eigenverantwortlich um das Füttern der Tiere, ebenso wie das Gießen der Pflanzen.

Viel Platz zum Spielen, aber auch zur Natur- und Körpererfahrung bietet das neu angelegte „Grüne Klassenzimmer“ direkt neben dem Schulgebäude. Große Steine, zwischen Baumstämmen gespannte Seile, ein mit Rosmarin, Thymian und anderen aromatischen Kräutern bepflanzter Duftweg und ein Fühlpfad regen das Lernen mit allen Sinnen an.

Im Jahr 2019 erhielt die Schule die Möglichkeit, das „Grüne Klassenzimmer“ zu erweitern. Durch Umbaumaßnahmen in der Nachbarschaft hatte sie eine neue Außenfläche erhalten, die direkt an den Schulgarten angrenzte. Die Freude der Kinder, Eltern und Lehrkräfte war groß. Doch wie sollte die neue Fläche gestaltet werden?

Die gesamte Planung und Umsetzung der Gestaltung des neuen Außenbereichs wurde in die Hände des Schülerparlaments gelegt. Die Kinder besichtigten zunächst die brachliegende Fläche und trugen ihre Ideen und Wünsche zusammen. In einem demokratischen Abstimmungsprozess einigten sie sich schließlich auf konkrete Details und hielten diese in einem selbst gezeichneten Plan fest.

Anschließend ging es an die Umsetzung. Auch hierbei kümmerten sich die Kinder des Schülerparlaments um alle wichtigen Aufgaben. Sie teilten ihre Mitschüler:innen zu Garten- und Bauarbeiten ein und riefen selbst beim Steinbruch an, um Steine für die Beete zu bestellen. Zusammen mit allen Kindern der Schule, aber auch den Lehrkräften, Eltern und vielen weiteren helfenden Händen nahm der neue Schulgarten nach und nach immer mehr Gestalt an. So entstanden ein großes Beet mit insektenfreundlichen Stauden, Hochbeete, eine große Wildbienen-Nisthilfe und ein Duftkräuterpfad.

Weitere Aktionen und Projekte rund um BNE

Nicht nur im Schülerparlament, sondern auch in sämtlichen anderen Bereichen der Schule spielen partizipative, demokratische Entscheidungsprozesse eine große Rolle. Einmal in der Woche treffen sich alle Kinder in Klassenräten, wo sie über Themen sprechen, die sie beschäftigen. In den fest im Stundenplan verankerten Klassenratssitzungen suchen sie zum Beispiel Lösungen für Konflikte und verhandeln neue Regeln.

Viele Fäden von BNE-Aktivitäten laufen an der Schule in einer eigens eingerichteten Projektstelle zusammen, die durch den Verzicht auf die Besetzung einer regulären Stelle eingerichtet werden konnte. Das ist ein großer Gewinn für die Schule, da so viele Kapazitäten gegeben sind, zum Beispiel für die Netzwerkarbeit mit lokalen Akteur:innen oder die Teilnahme an Kampagnen, Wettbewerben, Stadtteilprojekten und Zertifizierungsprozessen.

Im Rahmen des Projekts „KlimaCampus für alle Generationen“ konnte zum Beispiel gemeinsam mit dem Stadtteilbüro und der Mülheimer Initiative für Klimaschutz in der Schule eine Fahrradwerkstatt eingerichtet werden. Anwohner:innen aus dem ganzen Stadtviertel können dort ihre kaputten Drahtesel unter fachkundiger Anleitung wieder auf Vordermann bringen.
Für die Schüler:innen bietet die Fahrradwerkstatt auch die Möglichkeit für eigene Tüfteleien und Erfindungen. So haben sie im Rahmen des Schulwettbewerbs 3malE „Energie mit Köpfchen“ ein „Disco-Fahrrad“ konstruiert: Tritt man in die Pedale, wird die Musikanlage für die Regenpausen-Disco zum Laufen gebracht.

Auch in den schulinternen Lehrplänen ist BNE fest verankert. Ein Beispiel sind die Projekttage „Bienen im Dichterviertel“, die regelmäßig alle zwei Jahre im Frühsommer stattfinden. Alle Schüler:innen der 3. und 4. Klassen setzen sich dabei in fächerübergreifenden Angeboten und Aktivitäten mit dem Thema „Honigbienen“ auseinander. Derzeit gibt es sogar in Kooperation mit dem anliegenden Kleingartenverein Honig sowie einen Bienenlehrpfad.

Doch es gibt noch viele weitere Aktivitäten rund um BNE. So wurde die Schule zum Beispiel im Mülheimer Agenda 21-Projekt ÖKOPROFIT® zertifiziert. Außerdem nimmt sie regelmäßig an der Kampagne „Grüne Meilen für das Weltklima“ teil. Mit einem „Walking Bus“ können die Kinder morgens ohne „Eltern-Taxi“ zur Schule kommen.

Unterwegs in Sachen Kinderrechte

Eine wichtige Rolle spielt das Thema Kinderrechte an der Schule. In regelmäßigen Abständen finden dazu Projektwochen statt. Unter dem Motto „Mit Kinderrechten QueR durch Mülheim“ haben die Schüler:innen 2017 am bundesweiten Aktionstag „Parking Day“ einen Parkplatz vor dem Mülheimer Rathaus besetzt. Mithilfe eines selbst gestalteten Kalenders informierten sie dort über das Thema. Auf jedem Kalenderblatt wurde ein anderes Kinderrecht vorgestellt. Mithilfe eines QR-Codes konnten sich die Passant:innen zu jedem der Kinderrechte einen selbst gedrehten Videoclip der Kinder anschauen. Aufkleber mit den QR-Codes wurden von den Kindern auch in Kitas und Schulen verteilt und an Laternenpfähle im Stadtteil geklebt.
Außerdem gab es einen Malwettbewerb zu den Kinderrechten, deren Sieger auf einem Geburtstagskalender mit entsprechenden QR-Codes und selbst gestalteten Videos zu den jeweiligen Rechten versehen war. Mit beiden Projekten nahmen die Kinder bei einem bundesweiten Wettbewerb zum Thema „Kinderrechte“ teil – und durften sich über den Bundespreis des Deutschen Kinderhilfswerks und einer Reise zur Preisverleihung nach Berlin freuen.

Pläne für die Zukunft

Die Grundschule am Dichterviertel wurde 2020 als „Schule der Zukunft mit BNE-Profil“ ausgezeichnet. Gemeinsam mit vielen anderen Akteur:innen schmiedet das BNE-Team weiterhin fleißig Pläne für die Zukunft.

So sollen die Aufgaben und Projekte im neu angelegten Schulgarten dauerhaft etabliert und erweitert werden. Ein Ziel ist es, verschiedene Elemente des Schulgartens zu virtuellen Lernorten auszubauen. Mithilfe von QR-Codes sollen kleine Videoclips abrufbar sein, in denen Kinder die einzelnen Stationen erklären.
Außerdem ist das Anlegen einer „Blumenuhr“ nach Linné geplant: Ein großes rundes Beet mit verschiedenen Blumen, die jeweils zu unterschiedlichen Stunden ihre Blüten öffnen und schließen.

Darüber hinaus sollen die Eltern noch stärker in sämtliche Aktivitäten mit eingebunden und die Kooperationen mit außerschulischen Partner:innen gefestigt werden. Bei der nächsten Teilnahmerunde der Kampagne „Schule der Zukunft“ wird voraussichtlich ein Thema im Mittelpunkt stehen, das auch bei uns in Deutschland zunehmend an Bedeutung gewinnt: „Wasser – lokal und global“. Hier werden gerade internationale Kontakte angebahnt durch die Teilnahme am eTwinning-Projekt als Teil des Erasmus+-Projektes."

 

Kontakt

GGS Schule am Dichterviertel

Bruchstr. 85

45468 Mülheim an der Ruhr

Tel: 0208/448313

E-Mail: nicola.kueppers@muelheim-ruhr.de

Website: www.ggschule-am-dichterviertel.de

Weitere Good-Practice-Beispiele für BNE an Schulen

Hier finden Sie Good-Practice-Beispiele einiger Schulen in NRW. Die Schulen besitzen ganz unterschiedliche Profile und Schwerpunkte. Doch eines ist allen gemein: BNE ist inzwischen zu einem festen Bestandteil ihres Schulalltags geworden.

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